Jan St. Werner

Space Synthesis

04.05.–01.07.2023

Künstler*in

  • Jan St. Werner

Kurator*in

  • Çağla Ilk

Kuratorische Assistenz

  • Sandeep Sodhi

Publikation

Der begleitende Katalog ist 2023 bei Hatje Cantz erschienen. 

Mit der Ausstellung Space Synthesis verwandelt Werner die Kunsthalle in einen Klangraum und nutzt das Gebäude als ein großes Instrument. Die für die Ausstellung komponierten Arbeiten untersuchen das menschliche Klangdenken im Dialog mit der Architektur. Werner folgt mit seiner Arbeit der Auffassung, dass jede Person Klänge unterschiedlich wahrnimmt. Die Kunsthalle wird zu einem lebendigen Gesamtwerk, in dem Kunst und Architektur transdisziplinär miteinander verschmelzen. Damit wird eine lange Tradition der Kunsthalle Baden-Baden wieder aufgenommen, die, etwa in Ausstellungen von Künstlern wie Donald Judd oder Dan Flavin Ende der 1980er-Jahre, gewohnte Ausstellungskonzepte zugunsten einer Auseinandersetzung mit dem Gebäude auflösten.

Klang wird meist als Repräsentationsmedium verstanden, als Darstellung oder Interpretation einer Quelle. In Space Synthesis ist Klang jedoch eine Methode der Erkundung und die Kunsthalle ihr Gegenstand. Unterstützt von Licht, Bewegungen, Ablenkungen und Interventionen entsteht ein Parcours durch die Ausstellung, auf dem jeder Raum einen eigenen Abschnitt einer Komposition darstellt, die durch die Bewegungen jedes einzelnen Besuchers und jeder einzelnen Besucherin verändert wird. Space Synthesis begreift Raum nicht als statisches Objekt, sondern als eine Vielzahl von Perspektiven, die ineinander verschränkt sind und aufeinander reagieren. Der vorsichtige Einsatz von Licht schafft eine immaterielle Architektur, die in den Raum eingreift, sich aber auch selbst dynamisch verändern kann. Auf diese Weise befindet sich der Raum ständig in Bewegung, im Dialog mit den Besucher*innen. Durch Eingriffe in die bauliche Struktur der Kunsthalle entstehen Resonanzen, die das Gebäude zum Sprechen bringen. Klänge vermischen und kombinieren sich, jede Frequenz im Raum erzeugt neue Frequenzen, jedes Echo löst neue Echos aus – je nachdem, wo im Raum sich der oder die Zuhörer*in befindet. An bestimmten Stellen sind architektonische Elemente angebracht, die diffundierend wirken und den Raum auf unsichtbare, aber hörbare Weise teilen.

Dialog und Austausch spielen bei Werners Untersuchung der Beziehung von Klang und Raum eine zentrale Rolle. Erst sie ermöglichen es, Raum, Klang, Sinne und nicht zuletzt uns selbst neu zu denken. Space Synthesis ist damit auch eine Praxis, die sich gegen die Vorstellung von Geschichte als feststehendem Wissen wendet, das sich oft in Monumenten und starren Strukturen manifestiert. Gegen das singuläre monumentale Denken und statische Historien setzt diese Praxis Multiperspektivität und eine dynamische Interdependenz der Sinne. Für Jan St. Werner ist diese Herangehensweise eine konsequente Fortsetzung seiner langjährigen Arbeit als Musiker und Komponist.

Seine erste Einzelausstellung ist nicht als Retrospektive angelegt, sondern wurde speziell für die Räume der Kunsthalle konzipiert. Die Kuratorin Çağla Ilk setzt damit ein kuratorisches Konzept fort, das sie etablierte, als sie die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden 2020 gemeinsam mit Misal Adnan Yıldız übernahm. Anstatt Kunst lediglich auszustellen, wird die Kunsthalle dabei zu einem lebendigen Gesamtwerk, in dem Kunst und Architektur transdisziplinär verschmelzen. Ilk nimmt damit eine lange Tradition der Kunsthalle Baden-Baden wieder auf, die, etwa in Ausstellungen von Künstlern wie Donald Judd oder Dan Flavin Ende der 1980er-Jahre, gewohnte Ausstellungskonzepte immer wieder zugunsten einer Auseinandersetzung mit dem Gebäude auflöste.

Space Synthesis ist Teil von Jan St. Werners zweijähriger Verbindung zur Kunsthalle Baden-Baden als Hauskünstler. Mit der Position des Hauskünstlers oder der Hauskünstlerin etabliert die Kunsthalle ein Instrument aus dem Theater in einer Kunstinstitution, um eine nachhaltige Produktionsgrundlage zu gewährleisten. Die Kunsthalle Baden-Baden bietet vier Künstler*innen in Form einer zweijährigen Anstellung die Möglichkeit zu künstlerischer Forschung, Engagement und Produktion in langfristiger Beziehung zur Stadt durch den öffentlichen Raum.

An vier Wochenenden wird die Ausstellung durch ein umfangreiches parakuratorisches Programm mit Performances und Vorträgen zahlreicher Künstler*innen und Theoretiker*innen erweitert.

Freitags ist die Kunsthalle bei freiem Eintritt bis 22:00 Uhr geöffnet.

Begleitend zur Ausstellung erscheinen eine LP und ein Katalog.

Im Rahmen von Space Synthesis launcht die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden syntheticspace.de, einen neuen Webspace, der eine zusätzliche visuelle Ebene der Ausstellung von Jan St. Werner darstellt. Syntheticspace.de übersetzt die Ausbreitung von visuell kaum wahrnehmbaren Soundpartikeln in den Ausstellungsräumen der Kunsthalle in ein visuelles System, das sowohl Architektur als auch Besucher*innen einbezieht und darstellt, wie diese die Ausbreitung von Soundpartikeln beeinflussen. Diese digitale Dimension der Ausstellung wurde von Damir Gamulin und Nikola Bojić in Zusammenarbeit mit Jan St. Werner, Çağla İlk und Dominik Busch entwickelt.

Kuratorin: Çağla İlk

Kuratorische Assistenz: Sandeep Sodhi

Digitalkurator: Dominik Busch

Klang und Collagen: Jan St. Werner

Lautsprecherdesign und -produktion: Michael Akstaller

Licht: Matthias Singer

Design der Ausstellungsarchitektur: Jan St. Werner, Michael Akstaller

Zeichnerische Umsetzung der Ausstellungsarchitektur: Bilge Kalfa

Texte Ausstellungsheft: Çağla İlk, Sandeep Sodhi, Michael Akstaller, Jan St. Werner

Grafik: Rupert Smyth Studio

Aufbauteam: Werner Becker, Patrick Kramer, Susanne Kocks, Peter Odenwaeller

Bau der Ausstellungsarchitektur: KUBUS Messebau GmbH

Über Jan St. Werner

Jan St. Werner ist ein in Berlin lebender Künstler und Komponist elektronischer Musik. Weithin bekannt als die eine Hälfte der elektronischen Musikgruppe Mouse on Mars, stehen Werners Soundarbeiten stets auch im Austausch mit der bildenden Kunst. Werner begreift, wie er selbst sagt, „Sound als etwas, das ständig in Bewegung ist und nicht aus einer fixen Perspektive erfasst werden kann“, setzt sich über traditionelle Stimmungssysteme hinweg und zentriert seine Werke stattdessen auf das Zusammenführen von variablen Elementen.

Werner realisierte Klanginterventionen und Ausstellungen in Kunsträumen wie dem ICA London, der documenta 14 in Athen und Kassel, der Kunsthalle Düsseldorf und dem Haus der Kulturen der Welt in Berlin. In den Jahren 2021 und 2022 wurden seine Raumklangausstellungen im Kunstbau Lenbachhaus, während des CTM Festivals in Berlin und im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg präsentiert, ebenso auf der 6. Ural Biennale. Das von ihm und Michael Akstaller initiierte Projekt Sometimes You Just Have To Give It Your Attention setzt sich mit Geschichte und Gegenwart des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg auseinander. Von 2017 bis 2021 war Werner Professor für Interaktive Medien/Dynamische Akustische Forschung an der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste, der ersten Klasse ihrer Art an einer deutschen Kunsthochschule. Zuvor lehrte er am Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) in Boston und an der New York University Tisch School of the Arts in Berlin. 2020/21 war er außerdem Gastprofessor für Klang und Performance an der Akademie der Bildenden Künste München.

Begleitprogramm